In Österreichs Führungsetagen gibt es seit der COVID-19-Pandemie mehr schlechte Nachrichten zu überbringen als gewohnt. An Shareholder, an Mitarbeiter, an die Medien. Verantwortungsvolles Vorgehen ist Trumpf.
Schlechte Nachrichten gab es immer. Doch seit das Corona-Virus und die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie das gesellschaftliche Leben und in der Folge die Wirtschaft lähmen, ist die Zahl an negativer Botschaften, die es zu verkünden gibt, empfindlich angestiegen. Gewinnprognosen haben ihre Gültigkeit verloren; Shareholder müssen aufgeklärt werden. Ein schwerer Gang. Stundenkürzungen oder Stellenstreichungen stehen an. Oft ein noch schwerer Gang.
Auch Themen wie Standortwechsel oder Änderungen der Arbeitsabläufe können schwer wiegen und Ressentiments auslösen. Diese Checkliste erinnert Kommunikatoren vor solch schwierigen Ankündigungen an zentrale Punkte, die dabei helfen, mit Takt, Verantwortungs- und Feingefühl vorzugehen.
1. Vor dem Verständnis kommt das Verstehen
Verstehen ist ein lebendiger Prozess. Verständnis der Zustand, der daraus folgt. Führungskräfte, die dieser Tage bei ihren Mitarbeitern auf Verständnis hoffen, weil einzuführende oder eingeführte COVID-19-Maßnahmen erschwerte Arbeitsbedingungen nach sich ziehen, wollen diesen Punkt nicht aus Eile überspringen.
Wer jetzt keine Zeit in das Vermitteln von Hintergründen investiert, benötigt später ein Vielfaches an Aufwand, um nicht eingehaltenen Regulierungen hinterherzulaufen. Denn der Einblick in die Entstehungslogik neuer Auflagen wirkt sich über das Verstehen der Lage direkt auf die Bereitschaft ihrer Einhaltung aus. Sinnverständnis fördert „Leidensbereitschaft“.
- Motive ergründen und kommunizieren
- Genese nachvollziehen und einsehbar machen
- Prozess des Verstehens anregen und Erfolg prüfen
- Bedeutung für Mitarbeiter erfassen
2. Geteiltes Wissen ist halbes Gerede
Keine Illusionen an dieser Stelle. Spekulationen wird es geben. Weil es sie immer gibt. Solange sie sich im Rahmen halten, sind sie sogar als sozialer Kitt dienlich. Zu ausufernd oder zu fehlgeleitet können Gerüchte und Gerede allerdings eine zerstörerische Wirkung entfalten. Die Arbeitsmoral wird unterwandert, Konzentration und Projektfortschritt leiden.
Je mehr Wissen preisgegeben wird, desto weniger Raum für Spekulation. Wieder gilt: Wer aus Eile heraus Zeit bei der Kommunikation einspart, verliert später ein Vielfaches durch die ausgelöste Unsicherheit und die anhaltend brodelnde Gerüchteküche.
- Hintergründe teilen
- Fragen zulassen
- Scheinbar irrelevante Fragen nicht übergehen
- Ersetzen Sie „Kann ich noch nicht sagen“ durch „Das ist noch nicht entschieden“
3. Reaktionen anhören und anerkennen
So exzellent und behutsam eine Botschaft auch überbracht wird, gestützt von Fakten und Hintergründen, mitfühlend und respektvoll im Ton – schlechte Nachrichten können dennoch Abgründe aufreißen. Unerfreuliche Reaktionen lassen sich kaum vermeiden, wenn es um dramatische Verkündigungen wie beispielsweise eine Kündigung geht.
Ziel ist es nie, diese Emotionen niederzuringen. Verantwortungsvolle Führungskräfte können Wut und Enttäuschung von Mitarbeitern aber an etwas haften, das aufrichtet und Halt gibt. Dazu ist es sogar erforderlich, diese Emotionen an die Oberfläche zu holen. Was an negativen Regungen da ist, soll auf den Tisch, um es im nächsten Schritt (Punkt 4) einzuordnen.
- Vorbehalte anhören
- Kritik entgegennehmen
- Wut anerkennen
- Diskussionen – wo sinnvoll (z. B. bei Projektlösungen) – zulassen
4. Bedeutung einordnen
Bei Botschaften, die das Potenzial besitzen, große Unsicherheit auszulösen, sollte dieser Punkt auf der Checkliste unbedingt angekreuzt sein. Es ist von Vorteil, die Botschaft nicht isoliert darzubieten, sondern sie ins große Ganze einzuordnen. Bleibt die schlechte Nachricht das einzige Gesprächsthema, kreisen die Gedanken der Hörer einzig darum. 100 % des Gesprächs verlaufen so negativ. Die schlechte Nachricht wirkt groß.
Folgt auf die schnell ausgesprochene negative Nachricht ein gründliches Einweben in Halt gebenden Kontext, bleibt das Gespräch nur teils problematisch in Erinnerung. Bei 10 % Problembesprechung und 90 % Verankerung in gesundes Gesamtgefüge wirkt die schlechte Nachricht verhältnismäßig klein. Schaffen Sie einen Ausgleich und wiegen Sie die Redezeit über Unsicherheiten mit Sicherheit verleihenden Anknüpfungspunkten auf.
- Negatives zügig und klar beim Namen nennen
- Negatives feinmaschig ins große (positive) Ganze einordnen
- Kontext und konstruktive Interpretationen anbieten
- Unsicheres mit Sicherheiten aufwiegen
5. Prognosen und gangbare Wege
Ähnlich wie beim letzten Punkt geht es auch hier darum, nicht am negativsten Punkt stehenzubleiben, sondern weiterzuleiten an Zuversicht spendende Gedankenmuster. Womöglich ist die Lage jetzt erhärtet, aber in naher Zukunft schon Besserung in Sicht. Falls dies zutrifft, führen Sie Ihre Hörer gedanklich dorthin und lösen Sie dann die Versammlung auf anstatt die Menschen am dunkelsten Punkt mit ihren Gedanken alleine zu lassen.
Zeigen Sie die Möglichkeiten auf, die Sie sehen, mit der Situation umzugehen. Bei einem Standortumzug bestehen womöglich Optionen, an die Ihre Mitarbeiter allein nicht denken, wie die Möglichkeit interner Versetzungen oder speziell ausgehandelte Aufhebungsverträge.
- Prognosen einbinden
- Gangbare Wege aufzeigen
- Optionsvielfalt beleuchten
- Positive Blickpunkte bieten
6. Fakten und Folgen statt Schuld und Sühne
Keine Entschuldigungen. Keine Schuldzuweisungen. Punkt.
Zum einen, weil es keinen Grund gibt. Als Kommunikator einer negativen Nachricht fügen Sie niemandem böswillig Schaden zu. Als ursächlicher Entscheider der negativen Entwicklung ebenso wenig. Denn was entschieden wurde, geschieht im Interesse des Unternehmens.
Zum anderen, weil es niemandem hilft. Was stattdessen gesagt werden kann, um zu unterstützen, haben wir oben bereits festgehalten.
- Keine Entschuldigungen
- Keine Schuldzuweisungen
- Kein langes Verweilen im Negativen
- Voranschreiten zu konstruktiven Optionen für die Zukunft
Wir wünschen Ihnen alles Gute für die schwere Aufgabe, die vor Ihnen liegt!