Der Fachkräftemangel ist seit langem ein zentrales Thema auf dem österreichischen Arbeitsmarkt. Allem voran mindert der demografische Wandel, der von einer alternden Bevölkerung und niedrigen Geburtszahlen geprägt ist, das Erwerbspersonenpotenzial. Hinzukommt, dass der Trend zur Überakademisierung sowie die in Österreich wachsende Bildungslücke den Engpass an ausgebildeten Fachkräften verschärfen. Immer häufiger herrscht eine große Diskrepanz zwischen erlernten Fähigkeiten und dem Anforderungsniveau des Arbeitsmarkts. Dieser Umstand gepaart mit der fortschreitenden Digitalisierung stellt zahlreiche Unternehmen vieler Branchen vor großen Herausforderungen.
Im Kontext dieser wirtschaftlichen Entwicklungen gewinnt das Konzept des Rehirings zu Deutsch Wiedereinstellung, zunehmend an Bedeutung. Beim Rehiring auch Boomerang-Hiring genannt, geht es für Arbeitgeber darum, Mitarbeiter:innen aus einem ehemaligen Arbeitsverhältnis wiedereinzustellen. Häufig veranlasst ein neues Tätigkeitsumfeld mit besseren Verdienstmöglichkeiten und attraktiveren Karrierechancen viele Beschäftigte zu einem Wechsel der Arbeitsstelle. Allerdings entspricht ein Jobwechsel nicht immer den persönlichen Vorstellungen, wodurch Arbeitnehmende oftmals realisieren, dass die vorherige Anstellung die bessere Option ist. An dieser Stelle erleichtern Rehiring-Prozesse den Wiedereinstieg in das alte Arbeitsumfeld.
1. Die Vorteile des Rehirings
In der heutigen Zeit gestaltet es sich schwierig, passende Fachkräfte zu finden. Die Mitarbeiterakquise ist für Unternehmen aufgrund von internen und externen Personalbeschaffungskosten mit hohen Ausgaben verbunden. Aus diesem Grund ist das Rehiring eine effektive Lösung, um Zeit und Kosten für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter:innen zu sparen. Im Gegensatz zu Neuzugängen sind ehemalige Angestellte mit dem Unternehmen sowie mit dessen Routinen und Kultur vertraut und benötigen eine kurze Einarbeitungsphase.
Die Einstellung von unbekannten Kandidat:innen birgt oftmals Zweifel, ob sich die neue Arbeitskraft in das Team integriert und den Anforderungen ihres Aufgabenbereichs gewachsen ist. Bei ehemaligen Mitarbeiter:innen sind Sie als Arbeitgeber über dessen Stärken und Schwächen im Bilde und können diese zielgerichtet einsetzen. Zudem haben Wiedereingestellte zwischenzeitlich neue Erfahrungen gesammelt und können diese in Form von frischen Ideen in das Unternehmen einfließen lassen.
Darüber hinaus kommuniziert die Wiedereinstellung nach einer Kündigung, Loyalität und Mitarbeiterorientierung. Bieten Sie Ihren Mitarbeiter:innen eine zweite Chance, trägt dies zu einer stärkeren Arbeitgebermarke bei. Hinzukommt, dass ehemalige Mitarbeiter:innen während ihrer Zeit bei einem anderen Arbeitgeber oder im Rahmen ihrer Selbstständigkeit oftmals neue Kontakte geknüpft haben. Aus diesen Verbindungen können sich zukünftig neue Kooperationen ergeben.
2. Mögliche Herausforderungen und Risiken
Trotz zahlreicher Vorteile ist das Rehiring kein risikofreier Prozess. In erster Linie gilt es, die Beweggründe des Austritts im Rahmen eines Exit-Gesprächs in Erfahrung zu bringen. Achten Sie während des Gesprächs auf einen verständnisvollen Umgangston und signalisieren Sie, dass die Türen für eine Rückkehr jederzeit offen stehen. Auf diese Weise erfolgt die Trennung im Guten, was die Wahrscheinlichkeit für eine Rückkehr erhöht. Gleichzeitig gibt das Austrittsgespräch wertvolle Hinweise auf Verbesserungspotenziale. Kehrt der/die Mitarbeiter:in zu einem späteren Zeitpunkt zurück, ist es wichtig, die Austrittsgründe aus der Welt zu räumen, bevor es zu einer Wiedereinstellung kommt. In jedem Fall bildet eine offene Kommunikation die Grundlage für ein erfolgreiches Rehiring. Jedoch ist im Fall von unüberwindbaren Spannungen, welche sich negativ auf das Arbeitsklima auswirken, von einer Wiedereinstellung abzusehen. Ein weiterer Risikofaktor stellt die Reintegration in das Team dar. Grundsätzlich birgt die Rückkehr ehemaliger Kolleg:innen die Gefahr, dass Konflikte aus der Vergangenheit erneut aufkeimen. Daraus resultiert eine schlechte Arbeitsatmosphäre, die sich negativ auf die Leistungsfähigkeit des gesamten Teams auswirkt und langfristig den Unternehmenserfolg mindert. Ebenso hat eine hohe Mitarbeiterunzufriedenheit einen negativen Einfluss auf die Unternehmenskultur. Infolgedessen ist es ratsam, mit den Mitarbeiter:innen das Gespräch zu suchen, um abzuwägen, wie sinnvoll eine Wiedereinstellung ist. Oftmals ist eine Probezeit die beste Möglichkeit, um zu beurteilen, ob eine erneute Anstellung die richtige Entscheidung ist. Üblicherweise erfolgt eine Wiedereinstellung nach 3 Monaten. Unter bestimmten Umständen lässt sich diese Zeitspanne auf bis zu sechs Monate erhöhen. Eine zusätzliche Entscheidungshilfe ist die Zustimmung durch einen Betriebsrat.
3. Wann Rehiring sinnvoll ist
In vielen Situationen lässt sich das Rehiring als erfolgversprechende Recruiting-Strategie einsetzen. Oftmals sind veränderte Unternehmensstrukturen ein attraktiver Anreiz für eine Wiedereinstellung nach einer Kündigung. Beispielsweise haben Sie durch die Investition in modernere IT-Systeme, die Integration neuer Technologien oder im Rahmen einer kulturellen Neuausrichtung die Möglichkeit, Ihren Mitarbeiter:innen neue Perspektiven zu eröffnen. Weitere Maßnahmen, mit denen Sie Raum für die Einstellung neuer Arbeitskräfte schaffen, sind unter anderem der Bau neuer Büros, Investitionen in die Ausweitung der Produktionskapazitäten sowie Expansionen in neue Regionen. Auch die Implementierung von Weiterbildungen und Schulungen sind sinnvolle Maßnahmen, um bewährte Talente zu fördern und ehemalige Beschäftigte zurückzugewinnen. Besonders relevant ist das Rehiring bei Führungskräften sowie in Branchen mit spezialisierten Fachkräften und technischem Personal.
4. Best Practices für erfolgreiches Rehiring
Aufbau und Pflege eines Talentpools:
In vielen Unternehmen ist ein Talentpool Teil des Rekrutierungsprozesses. Dabei handelt es sich um eine unternehmensinterne Datenbank zur Speicherung von abgelehnten Bewerber:innen, welche für die Besetzung bestimmter Positionen infrage kommen. Somit steht Ihnen bei zukünftigem Personalbedarf eine Liste von potenziellen Kandidaten:innen zur Verfügung. Das gleiche Prinzip lässt sich bei ehemaligen Angestellten anwenden, um diese mit Informationen und Einladungen für ausgeschriebene Stellen zeitnah zu kontaktieren.
Rehiring-Strategie entwickeln:
Um gesteckte Unternehmensziele zu erreichen, ist eine langfristige Personalplanung unverzichtbar. Dabei nimmt die Entwicklung einer durchdachten Rehiring-Strategie einen wichtigen Stellenwert ein, um wertvolle Talente zurückzugewinnen. Grundlegend ist eine Bestandsanalyse der aktuellen Belegschaft ein wesentlicher Schritt, um Qualifikationslücken zu identifizieren. Zudem ist eine ausführliche Nachfolgeplanung ein essenzieller Faktor, um eine nahtlose Besetzung wichtiger Schlüsselpositionen zu gewährleisten.
Kommunikation mit potenziellen Rückkehrer:innen:
Um den Kontakt zu ehemaligen Angestellten zu pflegen, eignet sich abgesehen von der direkten Ansprache ein Alumni-Netzwerk. Auch soziale Netzwerke, regelmäßige Newsletter sowie die Veranstaltung von Events oder Seminaren sind wertvolle Ressourcen, um einen schnellen und direkten Austausch zu realisieren.
Rechtliche Rückkehrmodalitäten:
Bei einer erneuten Anstellung ist eine beiderseitige Kommunikation der eigenen Erwartungen und Ziele entscheidend. Im Zuge dieser Neuverhandlungen ist oftmals ein neuer Arbeitsvertrag erforderlich. Auch die Klärung der Gehaltsvorstellungen sowie die Festlegung aktueller Arbeitsbedingungen sind von zentraler Bedeutung. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob Ansprüche in Form von Abfindungen aus dem vorherigen Arbeitsverhältnis bestehen.
In der Praxis ist das Rehiring eine sinnvolle Recruiting-Methode für Unternehmen. Während eine Wiedereinstellung auf der Arbeitnehmerseite mit beruflicher Sicherheit einhergeht, führt das Rehiring zu geringeren Ausgaben im Bereich der Personalbeschaffung. Bei richtiger Planung profitieren Unternehmer:innen in Anbetracht der kurzen Einarbeitungszeit von den Erfahrungen und Kompetenzen ehemaliger Angestellter. Allerdings sind die mit dem Rehiring verbundenen Risiken wie die Reintegration in das Team nicht außer Acht zu lassen. In jedem Fall gilt es vorab zu prüfen, ob sich eine Rückkehr mit den aktuellen Bedürfnissen und Zielsetzungen deckt. Grundsätzlich ist das Rehiring als Teil eines umfassenden Personalmanagements zu betrachten, das vor allem bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels von strategischer Bedeutung ist. Demnach trägt die Rückgewinnung von qualifizierten Mitarbeiter:innen zu einer effektiven Nutzung bestehender Ressourcen bei und sorgt in einem wettbewerbsintensiven Arbeitsmarkt für Kontinuität.