Überstunden ohne Ende? Auf Dauer kann die Last zu viel werden. Doch ist das Ablehnen von Überstunden eine Option? In diesen Zeiten? Tipps für ein klares Nein – ganz ohne den Chef in Ärger zu versetzen.
Tipp 1: Mach dir bewusst, dass Nein sagen okay ist
Fest steht, der Chef will in der Regel für alle nur das Beste. Ordnet er Überstunden an, dann besitzt das Projekt gewiss eine entsprechende Relevanz für den Erfolg der Firma. Und bleibt das Unternehmen finanziell gesund, sichert das Arbeitsplätze und Gehälter. Eine positive Einstellung zu Überstunden ist daher grundsätzlich eine gute Sache. Wird die Belastung aber auf Dauer zu viel, entstehen zu intensive Arbeitsspitzen oder sprechen andere Gründe gegen zusätzliche Überstunden, so ist es ein wichtiger erster Schritt, sich bewusst zu machen: Ein Nein ist absolut möglich und in Ordnung.
Rechtlich gesehen sind bei erhöhtem Arbeitsbedarf 20 Überstunden in der Woche zulässig. Eine tägliche Arbeitszeit von 12 Stunden darf dabei jedoch nicht überschritten werden. Schon darunter – ab 10 Stunden am Tag – darfst du weitere Überstunden ablehnen. Wichtig für dich zu wissen: Eine Begründung musst du dafür nicht angeben. Sollte dein Chef im Gespräch allzu bohrend nachfragen, erinnere ihn oder sie daran.
Auch unterhalb der 10-Stunden-Grenze sieht das Gesetz vor, dass du Überstunden ablehnen darfst. In diesem Rahmen bedarf es aber guter Gründe, wie zum Beispiel Kinderbetreuung oder einen dringenden Arzttermin. In solchen Fällen muss abgewogen werden, ob dein Anliegen oder das der Firma gewichtiger ist. Dein Betriebsrat, die Fachgewerkschaft oder die Arbeiterkammer helfen dir dabei weiter, dies für deinen konkreten Fall genau herauszufinden.
Das Gesetz räumt dir also umfangreiche Rechte ein, ein Nein auszusprechen. Dieses Wissen gibt Selbstbewusstsein fürs Gespräch mit dem Vorgesetzten.
Tipp 2: Lass dich bloß nicht überrumpeln
Gerade, wenn sich die Ereignisse überschlagen und die Aufgabenlisten lang und länger werden, sind treue Mitarbeiter darauf gepolt, schnell zu reagieren. Im Eifer des Gefechtes passiert es dann. Ein schnelles Ja, eine spontane Zusage, ohne groß darüber nachzudenken, obwohl die Reserven längst am Ende sind. Auch offen ausgesprochene Komplimente – sogar vollkommen ernst gemeinte – können Mitarbeiter zu einem unüberlegten Ja verleiten.
Ein praktikabler Weg, in solch spontanen Gesprächen nicht mehr überrumpelt zu werden, besteht in einer vorbereiteten Reaktion. Lege dir am besten jetzt gleich ein für dich passendes Set an Worten zurecht, das du immer parat hast. Zum Beispiel: „Einen Moment, bitte. Das muss ich kurz überdenken. Ich gebe Ihnen in ein paar Minuten Bescheid.“ Nutze die damit erlangte Bedenkzeit und horche in dich hinein, ob deine Kräfte für weitere Überstunden ausreichen und du guten Gewissens – auch dir selbst gegenüber – zusagen kannst und möchtest.
Tipp 3: Gemeinsames Interesse, gemeinsame Lösung
In manchen Fällen weißt du als Mitarbeiter ganz genau: die Antwort lautet Nein. Kein weiteres Hineinhorchen erforderlich. Doch dieses Nein vor dem Chef direkt auszusprechen, treibt die Schweißperlen auf die Stirn. Schließlich möchte niemand seinen Chef hängen lassen. Auch die Erwartung eines tadelnden Blickes oder die Befürchtung, unter Druck gesetzt zu werden, kann hier mitspielen. Lass dich weder von einem falschen schlechten Gewissen beeinflussen, noch von unnötigen Ängsten. Arbeite stattdessen an einer Argumentation, die aufzeigt, dass es sich bei diesem Nein um keine egoistische Entscheidung handelt, sondern eine für alle sinnvolle.
Wie das funktioniert? Tausche ein „Ich will nicht“ gegen ein „Das wäre unklug für mich UND für die Firma“. Eine Begründung lässt sich leicht finden, denn nur wo ein Mitarbeiter in Bestform ist, können Top-Leistungen erbracht werden. Erkläre deinem Chef, dass deine Kräfte an eine Grenze kommen und Regeneration dringend erforderlich ist, um dein gutes Niveau auf Dauer zu halten. Bonuspunkte gibt es für jede Art der Lösungshilfe: Lass deinen Chef mit dem Problem nicht allein. Suche gemeinsam mit ihm nach Alternativen. Auf welche Kollegen könnte das Projekt aufgesplittet werden? Lassen sich Teilaspekte herauslösen, die mit einer späteren Deadline versehen werden können?
Wer seinem Chef nach einem Nein auf diese Weise noch unter die Arme greift, beweist, dass es nicht an gutem Willen mangelt. So lassen sich trotz Absage sogar noch Punkte sammeln.