Für viele Arbeitnehmer ist der Kollektivvertrag am Beginn des Arbeitslebens noch sehr wenig greifbar. Mit der Zeit lernt man ihn jedoch zu schätzen, insbesondere dann, wenn die eigenen Rechte verbessert und abgesichert werden. Hier folgt ein Überblick zu dieser besonderen Vereinbarung!
Wie kommt ein Kollektivvertrag zustande?
Ein Kollektivvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. I.d.R. sind das der Österreichische Gewerkschaftsbund auf Arbeitnehmerseite und die Wirtschaftskammer auf Arbeitgeberseite. Man spricht häufig von “kollektivvertragsfähigen” Parteien.
Damit eine Vereinbarung zustande kommt, müssen Verhandlungen geführt werden. Dafür müssen wiederum die kollektivvertragsfähigen Gewerkschaften Forderungen aufstellen über die in weiterer Folge verhandelt wird. Erst wenn es zu einer inhaltlichen Einigung kommt, enstehen neue/abgeänderte Kollektivverträge.
Was regelt der Kollektivvertrag?
Kollektivverträge regeln zusätzlich zu den gesetzlichen Regelungen primär Ansprüche die nicht im Gesetz stehen, sowie die Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. So sind beispielsweise Urlaubs- und Weihnachtsgelder sowie jährliche Lohnerhöhungen nicht gesetzlich garantiert (wie viele es nämlich glauben) - sondern Regelungen zugunsten Arbeitnehmer die jährlich in Kollektivverträgen ausgehandelt werden.
Was sind die wichtigsten Inhalte?
Zu den wichtigsten Inhalten zählen u.a.:
- gleiche Mindeststandards bei der Entlohnung und bei den Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmer in einer Branche
- dienstzeitabhängige Gehaltsvorrückungen
- jährliche Lohnerhöhungen
- Bestimmungen zur Arbeitszeit (bspw Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 38,5 Stunden, etc.)
- SEG Zulagen (Schmutz, Erschwernis, Gefahren), SFN Zuschläge (Sonn, Feiertag und Nacht)
Unterschiede zwischen den Kollektivverträgen
Der Grund für zahlreiche unterschiedliche Kollektivverträge liegt darin, dass mitgliederstarke Gewerkschaften eine wesentlich stärkere Verhandlungsposition haben und daher auch vorteilhaftere Kollektivverträge aushandeln können. So sind beispielsweise Kollektivverträge der Industrie (insbesondere Metall!) besser als jene im Gewerbe.
Welcher Kollektivvertrag gilt für überlassene Arbeitnehmer?
Überlassene Arbeiter unterliegen dem Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung und für überlassene Angestellte der Kollektivvertrag für Angestellte im Handwerk und Gewerbe, in der Dienstleistung, in Information und Consulting.
Günstigkeitsprinzip beim Entgelt
Bei der Entlohnung der Arbeitnehmer gilt folgender Grundsatz: Überlassene Arbeitnehmer (egal ob Arbeiter oder Angestellte) haben Anspruch auf ein angemessenes ortsübliches Entgelt. Dazu wird ein Günstigkeitsvergleich zwischen den Entgeltbestimmungen im Arbeitskräfteüberlasser Kollektivvertrag (je nachdem im KV für Arbeiter oder Angestellte) und im Beschäftiger Kollektivvertrag (Unternehmen, in dem Arbeitnehmer überlassen werden) angestellt und das für den Arbeitnehmer “bessere” Entgelt ausbezahlt.
Bsp: Grundlohn lt. Kollektivvertrag des Überlassers 10,50€/Stunde
Grundlohn lt. Kollektivvertrag des Beschäftigers 11€/Stunde
→ Der Grundlohn beim Beschäftiger ist in diesem Fall höher und stellt den Arbeitnehmer besser!
Bei sonstigen Bestimmungen wie zur Arbeitszeit oder zum Urlaub, gelten immer die Regelungen im Kollektivvertrag des Beschäftigers.