Unternehmen, die Auszubildende begeistern und langfristig an sich binden wollen, rücken „weiche Faktoren“ stärker ins Blickfeld. Denn Werteorientierung, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zählen bei jungen Erwachsenen immer stärker bei ihren Berufsentscheidungen. Mit einigen Kernfragen lässt sich der eigene Status in diesem Bereich klären und bei Bedarf verändern.
- Werteorientierung verfügt über einen starken Einfluss auf Entscheidungen von Berufseinsteigern
- Reputation und glaubwürdiges Vorbild erhöhen Motivations- und Bindungskraft eines Unternehmens
- Der Wunsch zur Teilhabe und die Beiträge zur Unternehmenskultur beginnen mit dem ersten Ausbildungstag
Welchen Einfluss hat das Ansehen eines Unternehmens an sich?
Mit der Zunahme der Medienkanäle ist die Unabhängigkeit in der Informationsbeschaffung gewachsen – und damit auch die Zahl der Quellen, von denen sich Berufseinsteiger beeinflussen lassen. Ob zu Recht oder zu Unrecht, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass Unternehmen mehr denn je ihre Reputation unter Beweis stellen müssen. Das gilt nicht nur für ihr Verhalten gegenüber Arbeitnehmern, sondern mindestens genauso stark für ihren Umgang mit ethischen Regeln vom Umweltschutz über Korruption bis zur Gesetzes- und Steuerehrlichkeit. „Die Employer Brand ist ständiger Erosion ausgesetzt… die Employer Reputation dagegen gründet tiefer“, schreiben Bernhard Schelenz und Torsten Bittingsmaier in ihrem Standardwerk zum Thema. „Wir plädieren daher, auf das Konzept der Employer Reputation zu setzen, weil nur dieses auf Langfristigkeit zielt.“
Wo und wie lässt sich Glaubwürdigkeit beweisen?
Immer dann, wenn Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, ist die Glaubwürdigkeit beschädigt. Das gilt bei einer angeblichen Politik der „offenen Tür“ genauso wie bei gebrochenen Zusagen – zum Beispiel aus Jahresgesprächen oder Betriebsversammlungen – vor allem aber bei solchen, bei denen die persönliche Freiheit, Entwicklungschancen und Lebensqualität geschmälert werden. Glaubwürdigkeit beweist somit der unmittelbare Vorgesetzte durch die Verlässlichkeit seines Redens und Handelns.
Was bedeutet Vertrauen?
Ernst Holzmann, Botschafter der Bildungsinitiative 2015, strategischer Geschäftsentwickler und nicht nur als Ex-Spieler und Ex-Trainer fußballbegeistert, zitiert Jogi Löw, als der der Mario Götze im Finale gegen Argentinien einwechselte: „Zeige der Welt, dass Du besser bist als Messi!“ Gerade junge Spieler – auf dem grünen Rasen, im Büro oder in der „Lehrwerkstatt“ – wachsen an anspruchsvollen Aufgaben, sagt Holzmann. Sie brauchen das Vertrauen ihres Vorgesetzten getreu dem Prinzip „Fördern durch Fordern.“ Bei diesem gemeinsamen Weg gehöre es auch dazu, die Lehrlinge zu eigenen Lösungen zu animieren, Freiräume für Experimente zu schaffen und auch Fehler zuzulassen.
Wer sind die stärksten Vorbilder für Auszubildende?
Ausbildungsbeauftragte sind für ihre Schützlinge weit mehr als Lehrkräfte. Ähnlich wie der Trainer im Sportverein sind sie Rollenmodelle und agieren als Vorbilder – im Guten wie im Schlechten. An ihrem Verhalten lesen die Auszubildenden ab, was erlaubt und was verboten ist, welche Wege gangbar sind und wie man Hindernisse überwindet. Ihre Kommunikation(sform) grenzt das Zulässige vom Unzulässigen ab, das Tolerierbare vom Tabu.
Welche Wirkung hat das Management?
An der Begeisterung des Geschäftsführers für den „falschen“ Fußballverein oder eine Partei mögen sich gerade Auszubildende reiben, wegen der stärkeren Wirkung der unmittelbaren Vorgesetzten lastet derlei aber nicht stark auf dem Verhältnis zur Firma. Wenn das Management durch persönliches Verhalten die Glaubwürdigkeit oder die ethischen Standards des Unternehmens verletzt oder zu verletzen scheint, wirken stärkere Kräfte. Vor allem, wenn die Außenwirkung so stark wird, dass die betroffenen Mitarbeiter (nicht nur die Auszubildenden) mit Gegenwind aus ihrem sozialen Umfeld rechnen müssen.
Wie wichtig ist die eigenständige Persönlichkeit?
Auch wenn Ausbilder und Personalverantwortliche wenig übrig haben für neunmalkluge Schlaumeier, die noch grün hinter den Ohren sind: Auch deren Ressourcen sind wertvoll genug, um sie in die eigene Arbeit zu integrieren und im Sinne des Unternehmens zu nutzen. Gerade am Beispiel des unbekümmerten und nahezu vorbehaltlosen Umgangs mit digitalen Instrumenten zeigt sich, wie groß heute schon der Einfluss von Nachwuchskräften auf den Fortschritt und Wandel im Unternehmen sind.
Wie lassen sich diese Erkenntnisse zusammenfassen?
Prof. Carola Anna Elias Dozentin für Medien- und Kommunikationsmanagement an der Mediadesign.Hochschule (MD.H) in Berlin hat aus ihren Forschungsarbeiten den Schluss gezogen: „Obwohl sich die ,Generation Now‘ täglich viele Stunden in der virtuellen Welt aufhält, fordert sie im Business eher persönliche Formen der Kommunikation im klassischen Face-to-Face Austausch sowie Führung die Vorbildfunktion hat, für Stabilität und Vertrauen sorgt und in der Lage ist, qua Überzeugung und Integrität zu leiten. Priorität hat eine Unternehmenskultur, die für Werte steht und bei der das menschliche Miteinander nicht ausschließlich in virtuellen Teams erfolgt. Der Nachwuchs beobachtet sehr genau, was, wie, wo gesagt und gelebt wird und entscheidet sich entsprechend dem psychologischen (sozialen) ‚Fit’ – finanzielle Anreize spielen dabei eine eher untergeordnete Rolle.“